Interview

Programmieren ist wie Komponieren

Von der Musik zur Software: Mareike Burgdörfer erzählt, wie und warum sie als Quereinsteigerin Softwareentwicklerin wurde.

23. November 2021
Franziska Riesenberg
Mareike Burgdörfer sitzt an ihrem Schreibtisch vor ihrem PC.
Mareike Burgdörfer auf den Stufen vor dem Stadtregal Ulm.

Wolltest du schon immer Softwareentwicklerin werden?

Tatsächlich nicht, das hat sogar ziemlich lange gedauert bis ich gemerkt habe, dass es das ist, was ich machen möchte. Ich habe Theater- und Musikwissenschaft und danach Fernsehjournalismus studiert und auch erstmal als Journalistin gearbeitet. Schon während meines Studiums hatte ich einen Nebenjob im IT Bereich. Und schon davor hatte ich Berührungspunkte zur Softwareentwicklung. Aber ich habe das lange Zeit nicht als Hauptberuf für mich gesehen. Ich wollte immer kreativ sein und habe der Softwareentwicklung von vornherein abgesprochen, dass sie kreativ sein kann. Da habe ich mich gewaltig geirrt. Denn mittlerweile sehe ich, wie viel Kreativität in Software steckt. Nicht nur optisch beim Design, sondern auch schon beim Planen und Entwickeln. Und das liebe ich sehr.

Was oder wer hat dich an das Programmieren herangeführt?

Meine Brüder und mein Mann, letztendlich aber meine Neugier und eine überholte Website. Dominik war damals schon selbstständig und hatte eine eigene Website, die mal wieder eine Aktualisierung benötigte. Er hatte keine Zeit dafür und dann dachte ich mir, ich probiere es einfach mal. Ich hatte ein grobes Verständnis von HTML und CSS und bin damit trotzdem erstmal ins kalte Wasser gesprungen. Das hat mir allerdings großen Spaß gemacht und ich wollte noch mehr von alldem verstehen. Also habe ich begonnen Programmieren zu lernen und seit 2020 arbeite ich nun als Softwareentwicklerin bei Burgdörfer.

Welche Bereiche fallen bei Burgdörfer in dein Aufgabengebiet?

Ich bin die Frau fürs Frontend. Alles was mit Oberfläche zu tun hat, fällt in mein Aufgabengebiet. Sowohl das Design als auch die Implementierung. Ich plane das User Interface (UI), also die Schnittstellen zwischen dem Gerät und den Nutzer:innen, sowie die User Experience (UX), also das was Nutzer:innen mit der Software erleben. Außerdem kümmere ich mich um unser Projektmanagement und die Dokumentation von unseren Softwaresystemen. Das alles verbindet Programmieren mit Kreativität, Struktur und Ordnung.

Was fasziniert dich an der Softwareentwicklung?

Beim Programmieren sieht man recht schnell Ergebnisse. Alles ist logisch und erklärbar. Es fühlt sich manchmal nicht nach Arbeit an, sondern eher nach einem Spiel. Man sucht den besten Weg, um einen Arbeitsablauf digital abzubilden. Es ist wie ein Rätsel, das es zu lösen gilt – das fasziniert mich.

Grafik einer Frau, die vor ihrem PC sitzt. Auf dem Bildschirm sind Codezeilen angedeutet.

Außerdem finde ich es total spannend durch unsere Kund:innen Einblicke in verschiedene Branchen zu erhalten. Genau das hat mich auch am Journalismus interessiert, dieses Eintauchen und Hineindenken in ganz andere Bereiche. Das kann ich auch bei der Softwareentwicklung, denn gerade wenn bestehende Arbeitsabläufe von uns digitalisiert werden, ist es faszinierend die einzelnen Arbeitsschritte kennenzulernen. Jeder Anwendungsfall ist anders, jede Firma legt Wert auf andere Dinge und all das können wir in der Software abbilden.

Wie würdest du das Programmieren beschreiben?

Programmieren ist ein bisschen wie das Komponieren von Musik. Es gibt Grundregeln und Standards, an die man sich halten kann, aber theoretisch ist fast alles möglich. Diesen Vergleich können wir noch weiterspinnen. Denn der Source Code ist vergleichbar mit einer Partitur. In einer Partitur werden Anweisungen an Musiker:innen notiert: Töne, Lautstärke oder Geschwindigkeit werden für Musiker:innen genau angegeben. Auch im Source Code kann genau beschrieben werden warum, wann, wie und was von einem Computer ausgeführt werden soll. Ohne eine Ausführung sind Partitur und Source Code erstmal nicht wahrnehmbar. Musiker:innen erzeugen die Klänge und Server stellen die Software bereit. Anwender:innen können mit der Software interagieren und sie benutzen. Und wenn Zuhörer:innen von Musik mitsingen oder mitklatschen, werden sie auch Teil des Ganzen, zumindest für diesen einen Moment. Naja, also vielleicht sind Zuhörer:innen nicht direkt mit Anwender:innen vergleichbar und die Analogie hinkt, aber so ein bisschen Philosophie darf auch sein, oder? 😄

Hast du Tipps für andere Frauen, die planen in der Softwareentwicklung durchzustarten?

Wenn sie es schon planen, dann haben sie die größte Hürde vermutlich schon überwunden. Denn ich würde sagen, dass es fast am Schwierigsten ist, sich das vorzustellen und zu planen. Mir ging es jedenfalls so, dass mich die männerdominierte Branche abgeschreckt hat und ich als Frau dachte, ich müsste in einer anderen Branche arbeiten. Das Bild von Programmierern in dunklen Kellern, die auf flackernde Bildschirme starren und literweise Kaffee trinken ist längst überholt und hat so vermutlich auch nie stattgefunden. Diese Vorurteile gilt es zu überwinden. Also an alle: Lasst euch davon nicht einschüchtern! Umso diverser die Teams, umso besser wird auch die Software.

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